Haftung der Organe eines gemeinnützingen Vereins

1) Im Sinne des § 1 Vereinsgesetz 2002 ist ein Verein durch folgende Grundlagen gekennzeichnet:

Zusammenschluss auf freiwilliger Basis
auf Dauer angelegt
mindestens aus 2 Personen bestehend
zur Verfolgung eines bestimmten, gemeinsamen, ideellen Zwecks;
ein Verein genießt Rechtspersönlichkeit (nach den Bestimmungen des § 2 Vereinsgesetz)
nicht auf Gewinn berechnet
Verpflichtung, Vereinsmögen gemäß Vereinszweck zu verwalten.

2) Der Verein ist als juristische Person organisiert, sodass die für ihn handelnden Organe, also die Mitglieder des Vorstandes, die Geschäftsführung nach innen und die Vertretung nach außen für den Verein durchführen. Soferne die Statuten nichts anderes vorsehen, gilt im Sinne des Vereinsgesetzes (§ 6 VereinsG 2002) eine Gesamt-Geschäftsführung und –vertretung. Nachdem die Vertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder nach außen, also gegenüber Dritten, nicht beschränkt werden darf, können diese nach außen hin selbst dann ohne Beschränkung den Verein vertreten, wenn ihre Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis dem Verein gegenüber beschränkt sein sollte.

Ein Vorstand, der im Rahmen seiner Vertretungsbefugnis nach außen hin handelt, verpflichtet den von ihm vertretenen Verein daher auch dann, wenn er seine interne Geschäftsführungsbefugnis dabei überschritten hat.

3)     Vertragliche Haftung der Vorstandsmitglieder:

3.1 Haftung gegenüber dritten Außenstehenden:

Nachdem Vorstandsmitglieder für den Verein als juristische Person handeln, kommt ein Rechtsgeschäft nicht zwischen ihnen persönlich, sondern zwischen dem von ihnen vertretenen Verein und dem Dritten zustande, sodass der Verein für das Verhalten seiner Vorstandsmitglieder, nicht aber das Mitglied des Vorstandes dem Dritten gegenüber haftet. 

Eine direkte Haftung von Vorstandsmitgliedern kommt nur dann in Frage, wenn ein Vorstandsmitglied oder der gesamte Vorstand die Verpflichtungen des Vereins gegenüber dem jeweiligen Dritten schuldhaft verletzt haben. In einem solchen Fall ist aber grundsätzlich auch eine Haftung des Mitglieds des Vorstandes gegenüber dem Verein auch aufgrund dieser Pflichtverletzung zugrunde zu legen.

In diesem Fall ist selbst der Verzicht eines Vereins auf einen Schadenersatzanspruch gegenüber einem Vorstandsmitglied den Vereinsgläubigern gegenüber im Sinne des            § 26 VereinsG 2002 unwirksam. Dies dürfte unter Bedachtnahme auf eine Schlechterstellung der Vorstandsmitglieder gegenüber Geschäftsführern einer GmbH auf einen Irrtum des Gesetzgebers zurückzuführen sein, sodass im Rahmen der Auslegung durch die Rechtsprechung zu erwarten ist, dass die Haftung des Vorstandsmitglieds dennoch nur dann und insoweit greift, als die Forderung gegenüber dem Verein seitens des Dritten nicht durchgesetzt werden könnte.

3.2 Anzulegender Sorgfaltsmaßstab:

Jegliche Schadenersatzpflicht eines Vorstandsmitglieds setzt ein schuldhaftes und rechtwidriges Handeln voraus. Vorstandsmitglieder haften für die Einhaltung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Organwalters. Dabei hat derjenige, der eine Vorstandsfunktion übernimmt, im Sinne des § 1299 ABGB (Sachverständigenhaftung) für die dafür erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse einzustehen, und zwar unabhängig von seiner Ausbildung und beruflichen Tätigkeit.

Gemäß § 24 Abs. 1 VereinsG 2002 wird die Sorgfaltspflicht des Vereinsfunktionärs bei der Beurteilung des Sorgfaltsmaßstabes unter dem Blickwinkel der Unentgeltlichkeit seiner Tätigkeit gesehen, sodass ein reduzierter Sorgfaltsmaßstab angelegt wird, der immer im Einzelfall zu beurteilen ist, wie dies vom Obersten Gerichtshof schon vor Inkrafttreten des § 24 Abs. 1 VereinsG 2002 judiziert worden ist. Letztlich kann unterstellt werden, dass die Haftung von Vorstandsmitgliedern auf grobe Fahrlässigkeit eingeschränkt ist, leichte Fahrlässigkeit daher für eine Haftungsinanspruchnahme  nicht genügt.

3.3 Haftungsbefreiung:

Vorstandsmitglieder haften dem Verein gegenüber dann nicht für einen Schaden, wenn sie im Rahmen von Beschlüssen der Generalversammlungen tätig geworden sind (§ 24 Abs. 3 VereinsG 2002).
Eine solche Haftungsfreiheit ist aber im Sinne des Vereinsgesetzes ausgeschlossen, wenn Vorstandsmitglieder die Mitgliederversammlung in Irrtum geführt haben.
Des Weiteren ist zu unterstellen, dass ein Vorstandsmitglied, das gegen einen, den Schadenseintritt verursachenden Beschluss gestimmt hat, ebenso haftungsfrei ist.

3.4 Haftung im Insolvenzfall:

Im Insolvenzfall haften Vorstandsmitglieder den Gläubigern des Vereines nur dann und nur für jenen Schaden, den sie durch nicht rechtzeitige Beantragung eines Insolvenzverfahrens erlitten haben, sohin für neue Schulden, welche die Vorstandsmitglieder für den Verein ab jenem Zeitpunkt eingegangen sind, zu dem sie den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens hätten stellen müssen.

Eine persönliche Haftung der Vorstandsmitglieder besteht aber jedenfalls gegenüber Sozialversicherungsverträgen für nicht abgeführte Beiträge von Arbeitnehmern und freien Dienstnehmern des Vereines gemäß § 67 Abs. 10 ASVG und gegenüber den Finanzbehörden für nicht ordnungsgemäß abgeführte Steuern des Vereins im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO.

Selbstverständlich besteht diese Haftung der Vorstandsmitglieder neben der Haftung des Vereins und nur bei schuldhafter Pflichtverletzung seitens der Vorstandsmitglieder.

3.5 Strafrechtliche Haftung:

Im Wesentlichen wird eine Haftung von Vereins-Vorstandsmitgliedern in der Praxis bei grob fahrlässiger Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen (§ 159 StGB) relevant, sohin wenn grob fahrlässig eine Zahlungsunfähigkeit durch kridaträchtiges Handeln herbeigeführt wird.

Die Haftung für weitere strafrechtlich relevante Tatbestände kann hier aber nicht ausgeschlossen werden.

4)     Ergebnis:

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Vorstandsmitglieder, die sich nachvollziehbar an dem Vereinszweck orientieren und danach handeln, die sich im Zweifel die Zustimmung der Generalversammlung geben lassen und die verwaltungs-(straf-), aber finanz- und sozialversicherungsrechtliche Pflichten einhalten, schon aufgrund der Einschränkung der Sorgfaltspflichten ehrenamtlicher Tätigkeiten auf Fälle grober Fahrlässigkeit keine  Haftungsinanspruchnahme befürchten müssen.

Regelmäßige Fortbildung und Absicherung vor allem in finanz- und sozialrechtlichen Fragen ist aber dringend anzuraten.

 
Innsbruck, im August 2011

RA Mag. Dr. Peter Lechner